Terminologie der Weinsensorik
Problematik der Weinsprache
Autorin:
Mag. Alena Vargova
Nach dem sie ihr Masterstudium der Translationswissenschaft mit der Abschlussarbeit zum Thema “Terminologie der Weinverkostung unter Berücksichtigung der Weinfachausdrücke” im Herbst 2009 an der Universität Wien abgeschlossen hatte, schrieb Sie das Buch Weinsensorik Grundlagen, Methoden, Terminologie” das beim VDM Verlag in Saarbrücken/Deutschland im August 2010 erschien.
Derzeit arbeitet sie an einem Buchprojekt in der Tschechischen Sprache, während sie am Institut Ibis acam in Wien als Sprachtrainerin tätig ist.
Um Weineigenschaften beschreiben zu können, benötigt man ein Vokabular, das die im Wein vorkommenden Inhaltsstoffe, den Stil, die Qualität und den Zustand eines Weines erfassen kann. Die Weinsprache, wie diese Fachsprache genannt wird, weist einige Besonderheiten auf.
Man sollte aber nicht vergessen, dass Schmecken und Verkosten eine äußerst subjektive Angelegenheit sind. Eine wichtige Rolle bei der sensorischen Analyse spielen nämlich unsere Sinneseindrücke, die mit allen ihren Einzelheiten nur schwer mitgeteilt werden können, wenn auf der anderen Seite das gleiche Ergebnis fehlt oder über den Sinn und die Bedeutung eines Fachausdrucks Unklarheit besteht. (Broadbent 2000: 229)
Dabei geht es nicht nur darum, dass jeder einen anderen Wein bevorzugt und andere Worte benutzt, um seinen Geschmack zu beschreiben. Auch die Tatsache, dass die Rezeptionsfähigkeit für die einzelnen Bestandteile von Person zu Person enorm schwanken kann, spielt eine Rolle.
Ein anderes Problem der Weinsprache besteht darin, dass es keinen erfassten international anerkannten Standard für Weinverkoster gibt „und deshalb oft zweideutige, ungenaue oder sogar unsinnige Ausdrücke benutzt werden“. (Sevenich 2005: 76)
Angesichts der letztgenannten Problematik soll aber nicht vergessen werden, dass gerade im Bereich der Weinverkostung auch die Kulturspezifik eine bedeutende Rolle spielt.
Wein wird in sehr vielen Ländern der Welt erzeugt und fast überall ist er eng mit der geschichtlichen Entwicklung, den Traditionen und somit der Ess- und Trinkkultur des jeweiligen Landes verbunden. So liegt nahe, dass jede Nation für geschmackliches Empfinden eigene Worte verwendet, die sich nicht ohne weiteres verallgemeinern lassen, da jeder mit diesen Begriffen andere Vorstellungen verbindet.
Weinsprache: Fach- oder Gemeinsprache?
Wenn Winzer und Weinhändler über Wein sprechen, sind sie bemüht, die Eigenschaften eines Weines möglichst zweifelsfrei zu benennen. Aus diesem Grunde ist im Handel und unter Weinkennern im Laufe der Sprachgeschichte eine Sondersprache entstanden, die den Charakter einer Fachsprache aufweist. Dass sich die einzelnen Weinwörter aus der Gemeinsprache herausgebildet haben, ist daran zu erkennen, „dass sich die Gemeinsprache weiterentwickelt, während die Weinsprache die Ausdrücke festschreibt“. (Althaus 2008: 26)
Als Beispiel für diese Entwicklung nennt Althaus den Ausdruck Firne, der in der Weinsprache einen speziellen Altersgeschmack bezeichnet, in der Gemeinsprache aber in Vergessenheit geraten ist. So findet sich das Wort nur noch in Bezeichnungen wie Firnschnee oder Firneis.
Es lässt sich beobachten, dass Weinbeschreibungen mittlerweile zum Alltag gehören. Mit steigendem Interesse am Wein finden sie sich nicht nur auf Weinkarten, sondern auch in zahlreichen Publikationen, die sich mit dem Thema Wein auseinandersetzen. Als Kommentare sind Weinbeschreibungen ein Teil von Weinproben und Fachjournalisten verkosten Weine, damit sie die Leser ihrer Zeitschriften über Weine auf dem aktuellen Markt informieren können.
Allerdings basieren nicht alle diese Beschreibungen auf sorgfältig gewählten Formulierungen der Fachsprache, manche Ausdrücke können eine rein dekorative Funktion aufweisen. (Althaus 2008: 30) Das hat zur Folge, dass Weinsprache nicht als Fachsprache benutzt wird, sondern als Teil der Gemeinsprache wirkt. Aus diesem Grund kann die Frage der Abgrenzung zwischen Gemein- und Fachsprache nicht immer klar beantwortet werden. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass sich Gemein- und Fachsprache gegenseitig beeinflussen. (Arntz/ Picht 2002: 20)
In diesem Zusammenhang meint Althaus (2008: 29):
Von ihrer Struktur her ist die Weinsprache zunächst vor allem eine Fachsprache. Sie ist eng mit der Winzersprache, dem Wortschatz für Weinbergsarbeiten und Kellertechnik verbunden und dient zur fachlich angemessenen Bezeichnung der Eigenschaften des Weins. Daneben wird sie im Weinhandel und in der Gastronomie zur differenzierten Bezeichnung des Handelsguts und Genußmittels Wein benutzt.
Das hat Folgen für den Gebrauch und die Beschaffenheit des Wortschatzes. Im inneren Bezirk der fachsprachlichen Kommunikation ist er nicht normiert, sondern durch Gebrauch geregelt. In den äußeren Bezirken des Kontakts mit Kunden und Gästen sowie des Weingesprächs der Kenner und Liebhaber, wo sowohl Fachwörter als auch gemeinsprachliche Ausdrücke zur Bezeichnung der Weineigenschaften benutzt werden, ist die Ausdrucksvielfalt groß. Jeder Benennungsversuch stellt stets neue Annäherung an das Objekt des Interesses dar. Das hat zur Folge, dass die Beschreibungen weniger präzise sind und manche Ungenauigkeiten und Mißverständnisse heraufbeschwören.“
Zwischen Gemeinsprache und Fachsprache wird nach Hoffman (1998: 164f zit. nach Arntz et al. 2002: 20) stets eine Wechselwirkung bestehen. Um den damit verbundenen Problemen erfolgreich begegnen zu können, benötigt man eine bewusste Vermittlung zwischen den beiden Bereichen.
Abschließend soll in diesem Kapitel die sogenannte Terminologisierung Erwähnung finden, die für die Fachsprache von Bedeutung ist.
Wie jede Fachsprache enthält auch die Fachsprache der Weinsensorik gemeinsprachliche lexikalische Elemente. Wenn ein Wort des Allgemeinwortschatzes in einer Fachsprache eine bestimmte Bedeutung erhält, spricht man von Terminologisierung. (Arntz et al. 2002: 116)
Dabei handelt es sich um Begriffe, unter denen der Laie etwas ganz anderes versteht als beispielsweise der Önologe:
Abgang, Bruch, Kirchenfenster, Körper, Länge, Schleier, Schweif, etc.
Ein weiterer Teil ihrer Arbeit befasst sich mit weinsprachlichen Begriffen, die in Form eines Glossars terminologisch aufgearbeitet wurden.