Wenn der Wein von Erde und Mond veredelt wird
Božidar Zorjan, der einzige Weinbauer, der in der slowenischen Region Štajerska seinen Wein in Amphoren reifen lässt, stellt in den Tongefäßen auch Prädikatsweine her
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DARJA ZEMLJIČ
In Slowenien stellen nur drei Produzenten Wein in Amphoren her, davon befinden sich drei (Jean Morel Kabaj, Aleksij Erzetič in Svetozar Raspopovič) in der Region Primorska und nur Božidar Zorjan aus Tinjska Gora pri Zgornji Ližnici stellt seinen Wein in Štajerska her.
In den 15 Jahren seit seinen ersten Versuchen zeigte er, dass man mit Hilfe der Natur ausgezeichnete Weine machen kann, wenn der Weinbauer der Natur zuhören kann und gleichzeitig an sie glaubt. Zorjan hatte vor seiner Suche nach einem neuen Weg schon die Schule der konventionellen Weinherstellung hinter sich, aber er interessierte sich auch immer dafür, wie Wein in der Vergangenheit hergestellt wurde und wie er ohne Schwefel, ohne moderne chemische Zusätze und Konservierungsstoffe haltbar gemacht wurde.
Georgische Kartuli-Methode
Die Familie Zorjan entschied sich daher für die ökologische Traubenverarbeitung in großen Tongefäßen, nach der mehr als 7000 Jahre alten Methode aus Georgien. Die Amphoren wurden in Georgien eigentlich nur zum Transport des Weins verwendet, daher ist die derzeit verbreiteteste Bezeichnung dieser Tonkrüge nicht ganz richtig.
Der Wein entstand meistens unter freiem Himmel, eingegraben in die Erde in Tongefäßen, die Kvevri genannt werden. Das Erzeugnis darin darf keine „Chemie“ enthalten, denn der gesamte natürliche Gärungsprozess würde mit Resten von Pflanzenschutzmitteln in den Trauben gar nicht erst beginnen. Die Dolia, so die lateinische Version der Bezeichnung dieser Tonkrüge (lat. Dolium), in denen die Trauben vom Most zum Wein reifen, würden, wenn sie die Reste von Spritzmitteln und Stickstoff „abbekommen“ würden, zu nichts mehr nütze sein.
In den letzten beiden Jahrzehnten begannen auch die europäischen Weinbauern im Wissen der kaukasischen Vorfahren zu stöbern. Darunter auch Slowenen, die auf der italienischen Seite von Brdo leben – der bekannteste unter ihnen ist Joško Graver aus Oslavje – und bereits einen beträchtlichen Anhängerkreis gefunden haben. Aber sie vergraben ihre Kvevri nicht im Freien, sondern in den Kellern.
Eines der Geheimnisse der Kartuli-Methode ist auch das Einreiben der Krüge von innen mit Bienenwachs und geschmolzenem Fett, denn dadurch werden Wein und Gefäß geschützt. Sehr wichtig ist auch die Struktur des Bodens, wo die Krüge hergestellt werden, denn sie werden heute nur noch in einigen wenigen georgischen Dörfern hergestellt. Ein Krug aus ungeeignetem Ton zerbricht leicht, das bestätigen auch Zorjans Erfahrungen mit den ersten Krügen aus Kroatien. So lernt jeder Weinbauer aus seinen eigenen Fehlern.
Anfang und Ende in der Erde
Die Entscheidung zum Übergang auf die ökologische Herstellung in Tinjska Gora fiel im Jahr 1995 für gut drei Hektar Weinberge. „Alles beginnt im Boden, eine ökologische Herstellung kann man nur auf gutem Boden betreiben, der nicht mit „Chemie“ belastet ist. Wenn der Boden aber schon vergiftet ist, hat der Weinbauer keine große Auswahl mehr: Er muss ihn auch im Keller verwenden, denn die natürliche Bodenmikroflora, die die Alkoholgärung und andere Prozesse regelt, ist dann zerstört“, betont Božidar Zorjan, der schon einige Vinifikationen ohne Zusatz von Hefen, Hefenährsalzen und Schwefel hinter sich hat.
Ende der 90er Jahre begann er zuerst trockene, ausgewählte Bouvier-Trauben in kleineren 40-Liter-Tongefäßen zu vinifizieren. Zorjan ist überhaupt der einzige slowenische Weinbauer, dem es gelang solch süße Trauben in Tongefäßen zu gären – das Geheimnis liegt im Zusatz von selbst gezogenen, autochthonen Hefen, die er in jahrelangen Versuchen selbst züchtete. In zwei großen 2500-Liter-Dolia stellte er bisher vier Jahrgänge her: Welschriesling 2006, 2007, 2008 und 2009 sowie ein Gelber Muskateller 2009. Aus der diesjährigen Lese kamen ein Gelber Muskateller, Grüner Silvaner, Welschriesling und Chardonnay in den Schoß der Erde, wofür der Jahrgang 2009 geleert werden musste, der seine Lagerzeit genau am 24. Oktober um 11.00 Uhr erfüllt hat. Nämlich gut anderthalb Tage nach dem Oktobervollmond bzw. ein gutes Jahr nachdem die Trauben in die Dolia gefüllt wurden.
Welche Trauben können überhaupt direkt in die Erde unter den Schein der Sonnen- und Mondstrahlen gegeben werden damit daraus Wein entsteht?
„In Tongefäße kommen nur vollkommen gesunde, entrappte und ausgelesene Weintrauben. Ein solches Erzeugnis gab es im Jahr 2010 aufgrund von Hagel und Herbstregen zu wenig. Wir haben nur einen Krug voll gesunder Trauben gesammelt. Im zweiten Gefäß wird daher noch ein weiteres Jahr lang der Wein aus dem letzten Jahr reifen und davon wird es dann noch weniger geben, denn er konzentriert sich“, erklärt Božidar.
„Der Weg zu gesunden Trauben im ökologischen Weinbau ist vor allem in den ersten Jahren sehr risikoreich. In unseren Weinbergen werden die Reben bis auf einen Trieb zurückgeschnitten, pro Hektar stehen 4000 Reben und die Weinberge sind grasbewachsen. Die Hauptaufgabe des Weinbauers ist die Förderung der Widerstandsfähigkeit der Weinreben. Daher muss er feststellen, wo die Nährstoff- und Energiewege unterbrochen sind und er muss neue erstellen. Bei uns ist der wichtigste Dünger Pflanzenmasse, denn wir spritzen mit Pflanzenerzeugnissen aus Schachtelhalm, Baldrian, Algen, Fenchel, mit saurer Tonerde und Schwefelbrühe. Kupfer und Schwefel verwenden wir nur in extremen Jahren gegen Mehltau.
Der Ertrag pro Weinrebe beträgt ein halbes Kilogramm für die besondere und ein Kilogramm Trauben für die normale Lese. Ununterbrochen muss überwacht werden, was im Weinberg vor sich geht, damit sich keine Krankheiten ausbreiten können. Für die Verarbeitung in den Dolia müssen die Trauben reich an Mineralstoffen und Schwefel sein, die über die Trauben in den Wein kommen und ihn schützen, daher müssen die Beeren ausgedünnt sein und es dürfen nur die besten verwendet werden“.
Die so verarbeiteten Trauben kommen dann zur günstigsten Zeit in das Gärungsgefäß, wo sie normalerweise unter ständigem Rühren mit einem Stock zwei Stunden lang gären. Das Mischen lässt die Traubenhaut oxidieren. Das ist erwünscht, weil es den Wein schützt und später seine Reifung ermöglicht. Der Gärungs- und Reifungsprozess des Weins ist in einem großen Gefäß viel gleichmäßiger. Der Hals des Kvevri bei der Familie Zorjan ist 40 cm lang und hat einen Durchmesser von 165 cm, seine Stärke beträgt anderthalb Zentimeter. Was die Natur in knapp einem halben Jahr mit dem Wein gemacht hat, wird um die Osterzeit wieder kontrolliert, wenn die Dolia geöffnet werden, der reine Wein obenauf abgegossen und der Satz entfernt wird.
Der Satz aus zwei 2500-Liter-Dolia wiegt stolze 1100 Kilogramm und er wird zu Branntwein weiterverarbeitet. Der Wein wird für die dritte Klärung noch ein halbes Jahr lang bis zum ersten Oktobervollmond in einem sauberen Dolium gelagert. Und weil er beim endgültigen Öffnen normalerweise noch bitter und ungeschliffen ist, kommt der Wein zum Abschluss in Holzfässer. Erst danach wird er in Flaschen abgefüllt. Davor wird er gefiltert und es werden noch ein paar Milligramm Schwefel hinzugefügt.
Der Kellermeister entscheidet, wann der Wein für die Prüfung der Beurteiler ausreichend gereift ist. Diese hatten anfangs gegenüber den bernsteingelben und oxidiert riechenden Weinen viele Bedenken, aber in den letzten Jahren verschwand die Skepsis immer mehr und Zorjans Welschriesling aus dem Jahrgang 2008, der erst jetzt in ausgezeichneter Form ist, bekam vom Landwirtschafts- und Forstamt in Maribor die Spitzennote 18,4. Es ist ein trockener Wein mit 14,5 Prozent Alkohol und bei der Analyse im letztjährigen November enthielt er 2 mg/l freien und 57 mg/l Gesamtschwefel.
Damit ist die Geschichte dieses Weins aber noch nicht zu Ende, denn ein Teil davon wird schon während des Gärens in eine andere Richtung geleitet. Mit einem Sieb werden beim Gären die Traubenkerne aufgefangen und daraus Öl gepresst. Für gut 10 Liter Öl sind 160 Kilogramm Traubenkerne nötig. Das Traubenkernöl ist als eines der wirksamsten Heilöle und auch als Delikatesse bekannt.