Petroleum aus einem steirischen Keller
Boštjan und Grega Protner aus Malečnik auf der Weinstraße bei Maribor, die hinter dem Weingut Joannes in Slowenien stehen, können am einfachsten als junge Hofnachfolger auf einem Ausflugsbauernhof des Weinfachmanns und ehemaligen Landwirtschaftsministers Mag. Jože Protner vorgestellt werden. Aber der 250 Jahre alte, beständige Gutshof ist mehr als von politischen Zufällen von strategischem Wirtschaften abhängig, dessen Richtung sie schon frühzeitig festgelegt haben.
Unser Vater, ein Weinbauexperte, ist unser Lehrer. Er ist für die Welt und für neues Wissen offen, genauso wie unsere Mutter, eine Bibliothekarin. Aber arbeiten müssen wir schon selbst und bei der Weinherstellung waren wir genau in dem Jahr, als unser Vater Landwirtschaftsminister war, das erste Mal ganz alleine für alles zuständig,
erklärt Boštjan.
Den Namen für ihre Weinmarke stammt eigentlich von einer Statue des Künstlers Janez Nepomuk, auf lateinisch Joannes, die über ihren Weinbergen in Šempeter schwebt. Dadurch sind sie auch leichter von ihren Namensvettern auf der gleichen Weinstraße bei Maribor zu unterscheiden, auf der schon seit 30 Jahren um die 10 Anbieter erfolgreich ihre Weine herstellen. Die Basis der gesamten Landwirtschaft sind die neun Hektar Weinberge bzw. 40 Tausend Flaschen Wein pro Jahr in zwei Kellern. Der alte Weinkeller ist mehr als 200 Jahre alt, der neue wurde 1999 in Betrieb genommen.
Eine Erweiterung ihrer Tätigkeiten ist ein gastronomisches Angebot für kleine Gruppen sowie 14 Betten in fünf Zimmern. Außerdem sind sie Mitglied der Bewegung Slow Food. Abgefüllt werden hier Gelber Muskateller, Sauvignon, Riesling, Grüner Silvaner, Chardonnay und Blauburgunder. 80 Prozent der Weine sind trocken und jeweils 10 Prozent sind liebliche bzw. rote Weine. Sie werden mit zwei Haupttechnologien gekeltert: Die frischen, jungen Weine aromatischer Sorten werden im März abgefüllt, der reifere Riesling im September und noch später der Blauburgunder, der in gebrauchten Barriquefässern reift. Und die besondere Herausforderung für Vater Jože und das Sahnehäubchen für die Feinschmecker im Keller ist der „Steirische Portwein“ Numero Uno.
Der ganze Stolz des Kellers ist der Riesling, ein außerordentlich reicher, nach der Mazeration und Reifung im Holzfass auch mineralhaltiger und zu langer Lagerung fähiger Wein mit unvergleichlichem Duft nach Petroleum. Das ist auf der anderen Seite auch ein Beweis, dass sie aus den richtigen Mergellagen in Šempeter und in Celestrina stammen und ihr charakteristischer Duft nach Petroleum sich durch lange Lagerung noch verstärkt.
Boštjan Protner:
Der Riesling bedeutet mir alles
„Obwohl es auf dem Markt frische Linien dieser Sorte gibt, habe ich den reichhaltigen mit seinem charakteristischen Säuregehalt, der sich langsam glättet, am liebsten. Auch Australien und Südafrika besuchte ich, um den Riesling zu verkosten und ich stellte fest, wo ich mich mit meinem eigenen platzieren muss. Die Technologie bei uns ist im Wesentlichen gleich: Einen Teil der gesunden Trauben mazerieren wir 12 Stunden kalt, die Fermentierung verläuft bei 18 Grad Celsius in rostfreien Behältern und danach reift er 6 Monate lang in alten Eichenfässern und noch 6 Monate in rostfreien Fässern. Nach der Abfüllung im September lagert er noch mindestens drei weitere Monate in der Flasche.
Außer der Auswahl an Rieslingen stellen wir keine Prädikatweine mehr her, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Lese bis in den Dezember hinein zieht, wenn gleichzeitig schon der Höhepunkt der Verkaufssaison auf dem Weinmarkt stattfindet. Auch die Anzahl der Abfüllungen haben wir auf wenige wichtige Marktlinien beschränkt. Wir haben sie mit der Arbeit und der Werbung im Ausland abgestimmt, wo wir uns auf den Riesling konzentrieren. Unser Verkauf steigerte sich in den vergangenen zwei Jahren vor allem in Norditalien, insbesondere mit den so genannten vertikalen Rieslingen, die jetzt auf dem Markt sind: 2009 (13 % Alkohol, 3 g/l Zucker) 2008 (12 % Alk., 6 g/l Zucker) und 2009 (12,5 % Alkohol, 2 g/l Zucker).
In Österreich und Deutschland, wo das Angebot an heimischem Riesling ausreichend ist, konzentrieren wir uns daher auf den Verkauf des Gelben Muskatellers und des Sauvignon. Unsere Weine stehen in Österreich ab Juni auch bei Vinofaktur zum Verkauf.“
Ihre Weine stellen sie regelmäßig alle zwei Jahre im Mai auf der Hofburg in Wien, auf dem Festival in Meran in Italien, bei der Prowein in Deutschland und auch anderswo auf der Welt als einer der Repräsentanten der slowenischen Weinhäuser vor.
Im Ausland weiß man nie, wer auf einen aufmerksam wird, aber die paar Jahre, in denen man von den Händlern geprüft wird, muss man durchhalten
stellt Boštjan seine Erfahrungen dar, aus denen er schließt, dass in Slowenien die Krise schlimmer ist als im Ausland.
Aus diesem Grund ist eine Ausrichtung auf den Export umso wichtiger. Ihren Wein verkaufen Sie um fünf bis sechs Euro pro Flasche für normale Lesen und um acht Euro für ältere Jahrgänge und etwa 20 Prozent ihrer Weine werden ins Ausland exportiert.
Standards schränken die Vielfalt ein
Grega fügt hinzu, dass die Zimmervermietung vor allem im Sommer ein zusätzliches Einkommen darstellt, wohingegen die Küche, in der sich die Basis für die ethnologischen, kulinarischen Köstlichkeiten befindet, das ganze Jahr über ihren Teil zum Umsatz beiträgt. Gekocht werden Menüs, die sowohl für Vegetarianer als auch für Gäste aus Australien, Japan, China und Finnland geeignet sein, denn aus all diesen Ländern waren schon Besucher auf dem Gutshof.
Gregor Protner:
„Wir wünschten uns schon immer anspruchsvolle Gäste in kleineren Gruppen, denen wir Speisen der steirischen Küche in moderner Ausführung servieren und dabei vor allem den Wein betonen, aber der Weg war lang. Speisen und Wein sind bei den Gästen nur der halbe Erfolg. Wenn sie aber auch noch Wissen und Zufriedenheit mit nach Hause nehmen und dafür auch noch bereit sind zu bezahlen, sind beide Seiten zufrieden“, erklärt Grega und macht gleichzeitig auf zahlreiche Fallen bei den Anforderungen, die der Tourismus auf dem Bauernhof nach der europäischen Gesetzgebung mit sich bringt, aufmerksam.
In der Kochkunst verwenden wir zu viel Zeit für die Theorie und zu wenig für die Praxis, daher wird alles zu steril und gleichförmig. Die Einführung von Standards wie HACCP sind aus der Sicht der kulinarischen Entwicklung ein Hindernis, denn wenn man sich konsequent daran halten würde, gäbe es keinen französischen Schimmelkäse und andere Spezialitäten mehr.
„Auch auf der österreichischen Weinstraße, wo die Standards streng eingehalten werden, sind die Speisen schon zu eintönig und einheitlich. Wenn alle Landwirte das Fleisch beim gleichen Metzger kaufen, verliert sich die Vielfalt. Gerade diese Vielfalt von Haus zu Haus bei der Zubereitung der Speisen ist das Reichtum des slowenischen Kulinarikangebots auf den Weinstraßen, die wir erhalten müssen und wegen denen auch die Nachbarn aus dem Norden gerne zu uns kommen. An den klassischen Speisen wie Schnitzel haben sich die Gäste längst sattgegessen. Hausgemachte Spezialitäten werden aber wieder sehr geschätzt.“
Darja Zemljič